Rebhuhnschutzprojekt im Landkreis Göttingen

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Rückgangsursachen
Im Wesentlichen werden drei Ursachen für den Rückgang der Rebhühner verantwortlich gemacht (POTTS 1986, POTTS 2012, KUIJPER 2009). Diese drei Ursachen hängen außerdem zusammen:

Pestizide
Rebhuhnküken leben in den ersten Lebenswochen fast ausschließlich von Insekten und anderen wirbellosen Tieren. Der Einsatz von Herbiziden verringert die Artenzahl der Pflanzen und damit auch die Lebensgrundlage vieler Insekten. Die Insektizide reduzieren Insekten auf direktem Weg. Dieser Zusammenhang wurde vor allem in England viele Jahrzehnte ausführlich untersucht: mit zunehmenden Erträgen auf den Feldern nahm die Sterblichkeit der Rebhuhnküken immer weiter zu (POTTS 1986). Auch für Polen ist dieser Zusammenhang mit langjährigen Daten belegt: Die Überlebensrate der Küken sank von 57% (1987) auf 34% (PANEK 2019). Besonders eindrücklich ist der Feldversuch von RANDS (1985): In Feldern mit Herbizidanwendung zogen die Rebhuhnpaare im Durchschnitt lediglich 2,15 Küken auf. Ließ man am Rand der Felder einen 6 Meter breiten Streifen ungespritzt, zogen sie 6,38 Küken auf.

Verlust an Strukturen
Rebhühner brüten gerne in ungenutzter Vegetation (Altgras etc.), die schon mindestens ein Jahr Zeit hatte, sich zu entwickeln: Feldraine, Brachen, Säume von Hecken, mehrjährige Blühflächen. Die Kapazität des Lebensraums wird wesentlich durch das Vorhandensein von solchen Strukturen zur Nestanlage bestimmt (RANDS 1986). Solche Strukturen fehlen in der Landschaft. Gleichzeitig lebt das Rebhuhn über das Jahr hinweg in den verschiedenen Kulturen: je nach Jahreszeit bieten andere Feldfrüchte die beste Deckung oder Nahrung. Ein kleinräumiges Nebeneinander von verschiedenen Feldfrüchten und dazwischen ungenutzte Vegetation ist ein optimaler Rebhuhn-Lebensraum. Die Felder sind größer geworden, für den Wechsel zwischen den Kulturen müssen die Rebhühner weitere Strecken zurücklegen und auch die ungenutzten Raine dazwischen sind rarer geworden.

Prädation
Rebhühner leben riskant. Sie fressen, brüten und schlafen am Boden. Besonders zur Brutzeit und bei hoher Schneelage sind die Verluste groß. Die Dichten einiger Prädatoren sind heute höher als vor wenigen Jahrzehnten. Der wichtigste Prädator des Rebhuhns ist der Fuchs, der sich seit der Tollwutimmunisierung deutlich vermehrt hat: Die jährliche Jagdstrecke von Füchsen hat sich seit 1980 verdreifacht (WILD 2018). Rebhühner halten sich deshalb oft noch in geringen Dichten in großräumig waldarmen Landschaften: fernab der nächsten Wälder gibt es weniger Beutegreifer. Das ermöglicht den letzten Rebhühnern dort das Überleben.

Zusammenwirken der drei Ursachen
In ungespritzten, unkrautreichen Feldern war das Rebhuhn früher weniger auf die Saumstrukturen angewiesen. Mit zunehmender Pestizidanwendung wurden die ungenutzten Randstrukturen immer bedeutender für das Überleben der Rebhühner. Gleichzeitig sind die Säume hochgradig riskant, da schmale Flächen von Füchsen und anderen Prädatoren gerne abgesucht werden. HARMANGE et al. (2019) belegen, dass die schleichenden Veränderungen in der Landschaft die Rebhühner zu immer riskanteren Aufenthaltsorten treiben. Außerdem wurden Feldränder mit der Vergrößerung der Felder seltener. PANEK (2013) konnte zeigen, dass Rebhuhn und Räuber leichter aufeinandertreffen, wenn es nur wenige Hecken, Feldraine und Brachen gibt. So ist das gestiegene Prädationsrisiko nicht ausschließlich auf höhere Fuchsdichten zurückzuführen, sondern ist außerdem eine Folge der Veränderungen in der Landschaft.


Literatur
HARMANGE C., BRETAGNOLLE, V., SARASA, M. , PAY, O. (2019): Changes in habitat selection patterns of the gray partridge Perdix perdix in relation to agricultural landscape dynamics over the past two decades. Ecology and Evolution. 9, :5236–5247.

KUIJPER, D. P. D., E. OOSTERVELD & E. WYMENGA (2009): Decline and potential recovery of the European grey partridge (Perdix perdix) population – a review. Eur. J. Wildl. Res. 55, 455–463.

PANEK M. (2013): Landscape structure, predation of red foxes on grey partridges, and their spatial relations. Cent. Eur. J. Biol. 8(11): 1119–1126.

PANEK, M. (2019): Long-term changes in chick survival rate and
brood size in the Grey Partridge Perdix perdix in Poland, Bird Study, 66:2, 289–292.

POTTS, G. R. (1986): The Partridge. Pesticides, Predation and Conservation. Collins. London.

POTTS, G. R. (2012): Partridges. Harper Collins Publisher. London.

RANDS, M.R.W. (1985):  Pesticide use on cereals and the survival of Grey Partridge chicks: a field experiment. J. Appl. Ecol. 22: 49–54.

RANDS, M.R.W. (1986): Effect of hederow  characteristics on partridge breeding density. J.Appl. Ecol. 23: 479–487.

WILD (2018): Wildtier-Informationssystem der Länder Deutschlands, DJV
https://www.jagdverband.de/WILD-Jahresberichte.

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